Starkes Symbol für die Transformation der Region

Vom Landidyll zum Kohlerevier zur nachhaltigen Industrieregion: Der Wandel der Metropole Ruhr hat die Rückkehr des Seeadlers erst möglich gemacht

Der Seeadler ist wählerisch. Da wo er lebt, braucht er sauberes Wasser, einen gesunden Bestand an Fischen und Vögeln sowie Bäume, auf denen man einen Horst bauen kann. Und Ruhe, bitte! All das bietet das Naturschutzgebiet Bislicher Insel am Rhein, in der nordwestlichen Ecke des Ruhrgebiets. Der Seeadler kam zunächst auf Besuch vorbei. Wie bei jungen Seeadlern üblich, ging er auf Wanderschaft, bevor er sich für sein Revier entschied. 2017 kam er gemeinsam mit einer Partnerin zurück, um zu bleiben. Für die Naturschützer*innen auf der Bislicher Insel Grund zur Freude. "Es ist schön, zu sehen, wie gut sich der Lebensraum, in den der Mensch einst weitreichend eingegriffen hatte, erholt hat", sagt Ilka Weidig, Leiterin des NaturForums Bislicher Insel. Rund 200 Jahre lang hatte im Ruhrgebiet kein Seeadler mehr genistet.

Es ist schön, zu sehen, wie gut sich der Lebensraum, in den der Mensch einst weitreichend eingegriffen hatte, erholt hat.
Dr. Ilka Weidig, Leiterin des NaturForums Bislicher Insel

Naturschutz mit hundertjähriger Tradition

Die Rückkehr des Seeadlers in die Metropole Ruhr lockt zusätzliche Besucher*innen auf die Bislicher Insel. Doch sie ist auch ein starkes Symbol für die Transformation der Region. Im 19. Jahrhundert verwandelten Bergbau und Industrie die bis dahin ländliche Gegend in einen der größten Ballungsräume Europas. Das ländliche Idyll verschwand vielerorts hinter Kraftwerken, Fabriken, Eisenbahnlinien und Autobahnen. Doch bereits vor 100 Jahren begann auch der Schutz von Grünflächen, eine der ersten Aufgaben des Regionalverbands Ruhr. Mit dem Wandel vom Kohlerevier zur nachhaltigen Industrieregion hat die Metropole Ruhr ihre Bemühungen zum Schutz der Natur und zur Renaturierung ehemaliger Bergbauflächen verstärkt. In diesem anhaltenden Transformationsprozess ist die Rückkehr des Seeadlers ein sichtbarer Erfolg.

Die Seeadler stammen vermutlich aus den Niederlanden

In Deutschland leben die meisten Seeadler in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und in der seenreichen Lausitz. Woher die Seeadler kamen, die jetzt auf der Bislicher Insel brüten, ist nicht ganz sicher. "Am wahrscheinlichsten ist, dass sie aus den Niederlanden stammen, wo die nächstgelegenen Seeadler-Reviere liegen", sagt Weidig. Besonders freut sie, dass das Seeadler-Pärchen in dem Naturschutzgebiet bereits mehrfach Nachwuchs ausgebrütet hat. 2021 schlüpften sogar gleich drei Küken auf der Bislicher Insel. Der Nachwuchs der Vorjahre ist mittlerweile – wie einst die Eltern – auf Wanderschaft gegangen. In wenigen Jahren werden die ersten im Ruhrgebiet geborenen Seeadler im paarungsfähigen Alter sein. Vielleicht kehrt der eine oder andere dann in seine alte Heimat zurück.

Foto: RVR Ruhr Grün, Glader

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