Digitale Prozesse und Produkte sollen helfen, Patient*innen besser zu versorgen. Aus diesem Anspruch hat sich eine eigene Branche gebildet: Digital Health. Was dahinter steckt und was sich diesbezüglich in der Metropole Ruhr tut.
Ob Datenkommunikation, Wearables, Gesundheits-Apps oder der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI): Der Begriff "Digital Health" beschreibt den technologischen Wandel im Gesundheitswesen. Ein Beispiel ist die Telemedizin: Dabei nutzen Mediziner*innen sowie Patient*innen moderne Kommunikationstechnologien wie Apps oder Videotelefonie, um Gesundheitsdaten zu erfassen und auszutauschen. So können Menschen auch über weite Entfernungen persönlich medizinisch betreut werden.
Weitere Beispiele für die Digitalisierung sind die elektronische Patientenakte, der elektronische Medikationsplan und das elektronische Rezept. Sie alle sind Teil der sogenannten Telematikinfrastruktur, die die Beteiligten im deutschen Gesundheitswesen sicher miteinander vernetzen und die medizinische Versorgung verbessern soll.
Mit einer der dichtesten Hochschul- und Forschungslandschaften Europas, einer starken Medizinsoftware- und Datenverarbeitungsindustrie mit einer Vielzahl marktführender Unternehmen und der drittgrößten deutschen Start-up-Szene nimmt die Metropole Ruhr eine Vorreiterrolle im Bereich Digital Health ein. In Städten wie Essen, Bochum und Dortmund sitzen zahlreiche Unternehmen, Kliniken, Forschungseinrichtungen und Netzwerke, die – teils in enger Zusammenarbeit – digitale Lösungen für die Gesundheitsversorgung der Zukunft entwickeln.
Der Schwerpunkt liegt dabei in der Entwicklung smarter Technologien, die eine intelligente Verarbeitung und Analyse von Gesundheitsdaten ermöglichen ("Smart Health Data"). Aufgrund der hohen Bevölkerungs- und Klinikdichte bietet das Ruhrgebiet ideale Voraussetzungen, um große Datenmengen zu erfassen und digitale Datennutzungsmodelle für die Gesundheitsforschung und -versorgung aufzubauen. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die Digital-Health-Player der Region.
Eine führende Position nimmt die Metropole Ruhr in der medizinischen Bilddatenkommunikation ein, also bei der digitalen Übertragung von Röntgenbildern und anderen Befunden. Am Bedarf der Krankenhäuser und Unikliniken ausgerichtet, entstand in Bochum vor rund zehn Jahren Deutschlands größter Verbund für medizinischen Bilddatenaustausch. Mittlerweile vernetzt connect MT – der Verbund für medizinische Telekooperationen – mehr als 650 Kliniken und Arztpraxen in Deutschland und den Niederlanden und bietet so die Basis für Kooperationen zur smarten Auswertung digitaler Daten.
Auch bei anderen Digitalisierungsthemen sind die Universitätskliniken der Region wichtige Innovationstreiber: Die Universitätsmedizin Essen (UME) beispielsweise arbeitet bei medizinischen Prognosen verstärkt mit Künstlicher Intelligenz und hat mit dem "Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin" 2020 eine der ersten Einrichtungen dieser Art in Deutschland gegründet. Die konsequente Digitalisierungsstrategie über alle Kliniken und Funktionsbereiche hinweg hat das Haus darüber hinaus bundesweit als führendes Smart Hospital bekannt gemacht.
Digital Health hat sich in jüngster Zeit als Oberbegriff für die Digitalisierung des Gesundheitswesens etabliert. Die damit verbundenen Anwendungen entfalten sich erst nach und nach. Die vom RVR in Kooperation mit dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erarbeitete Studie "Digital Health: Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft in der Metropole Ruhr" hat die Entwicklung der Digitalisierung seit den 1970er Jahren in sechs Phasen zusammengefasst:
Eine weitere Vorreiterrolle strebt die Metropole Ruhr beim Thema "Digital Urban Health" an, wobei Akteur*innen der Digitalindustrie, des Gesundheitswesens und der Kommunen an der Entwicklung von datenbasierten und digital unterstützen Lösungen für die gesundheitlichen Herausforderungen des städtischen Raums arbeiten. Die schnell wachsende Gemeinschaft der "Digital Health Factory Ruhr" tritt als Entwicklungsbündnis mit Referenzcharakter für andere Ballungsräume an.
Als Hotspot für Cybersecurity treibt die Metropolregion Ruhr zudem Entwicklungspartnerschaften im Bereich Digital Health Security voran. Forschungseinrichtungen wie das Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit an der Ruhr-Universität Bochum, das Institut für Internet-Sicherheit an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen oder das Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre sind Geburtsstätten für Spin-off-Gründungen wie AWARE7 oder XignSys.