Die Stadt als Reallabor

Das Team des Projekts "Smart City Living Labs" innerhalb des Netzwerks ruhrvalley verarbeitet Wetter-, Energie- und Mobilitätsdaten. Das Ziel: die Metropole Ruhr nachhaltiger machen.  

Welche Ziele hat das Projekt?

Das Team des Projekts "SCiLivLabs" (Smart City Living Labs – Ruhr) am Institut für Elektromobilität der Hochschule Bochum will neue Smart-City-Anwendungsfälle in den Bereichen Umwelt, Mobilität und Energie entwickeln. Die Ergebnisse sollen nicht nur städtische Quartiere nachhaltiger machen. Vielmehr haben sie Modellcharakter für die gesamte Metropole Ruhr. Das Team sammelt Anwendungsfall bezogene Daten auf einer im Aufbau befindlichen Smart-City-IT-Plattform, um sie anschließend zu analysieren und weiterzuverarbeiten. Ein zukünftiger Schwerpunkt ist der weitere Ausbau eines sogenannten Smart-City-Forschungslabors, welches im Rahmen von Workshops als Kollaborationsort für die verschiedenen Partner*innen zur Analyse von Smart-City-Anwendungsfällen sowie die Entwicklung von entsprechenden Geschäftsmodellen dienen soll.

Wie macht das Projekt die Metropole smarter?

"Wir sammeln zum Beispiel Daten in einem städtischen Quartier, dem sogenannten Klimaviertel der Stadt Herne, wo wir eine Verknüpfung von Wetter-, Energie- und Mobilitätsdaten erreichen wollen", sagt Martin Neuwirth, einer der Projektverantwortlichen für SCiLivLabs. Zuerst werden die Daten erfasst und weiterverarbeitet, sodass diese zum Beispiel auch in einer 3D-Umgebung visualisiert werden können. In einem nächsten Schritt ließe sich dann analysieren, wie sich verschiedene Wetterbedingungen auf den Energieautarkiegrad des Quartiers auswirken und wie man die Prognosen zur Energieproduktion verbessern kann. Andere Anwendungen könnten perspektivisch im ganzen Stadtraum eingesetzt werden, sagt Neuwirth. "Wie können wir zum Beispiel die Lage von Bushaltestellen in Kombination mit Mikromobilitätsangeboten, wie E-Scootern, optimieren, Wetterdaten für eine Unwetter-Warn-App nutzen oder Autofahrer*innen auf schnellstem Weg zum nächsten freien Parkplatz leiten?" Mit dem Projekt leiste das Team eine Grundlagenarbeit. "Wir wollen aber auch konkrete Verbesserungen umsetzen", ergänzt er. Zu den Grundlagen gehöre es, relevante Daten anonymisiert und DSGVO konform zu sammeln und sie mit anderen zu verknüpfen.

3D-Modell des Klimaviertels. Vorbereitung einer VR-Umgebung, bei der die Daten zu den Energieflüssen des städtischen Quartiers dargestellt werden sollen. Foto: Hochschule Bochum, Daniel Hackmann
Darstellung einer AR-Visualisierung des Klimaviertels. Foto: Hochschule Bochum, Leonie Wegener
Miniaturmodell eines 3D-gedruckten Prosumer-Hauses, das mit weiteren Energiesystemkomponenten ist und in der Lehre verwendet wird. Foto: Hochschule Bochum, Andreas Kulla

Was bewegt das Projekt?

"In unserem Kooperationsprojekt SCiLivLabs Ruhr versteht sich die Stadt Herne als Reallabor. So wird Wissenschaft und Forschung im Themenfeld Digitalisierung für die Bürger*innen erlebbar und Wissenschaftler*innen haben die Möglichkeit, intelligente Städte der Zukunft mitzugestalten. Mit dem Ziel, die Lebensqualität der Menschen zu heben", sagt Pierre Golz, Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Herne. Das von ruhrvalley ermöglichte Projekt sei ein Beispiel für moderne Kooperation: Technologietransfer aus der Wissenschaft und eine offene Kooperationskultur sind notwendiger Bestandteil zur Entwicklung von Smart Cities. "Mit ruhrvalley verbindet uns eine äußerst produktive, impulsgebende Zusammenarbeit", sagt Golz. "Die Netzwerke aus Wissenschaft und Forschung des ruhrvalley sind ideal, um Technologien für die Städte der Zukunft zu erschließen sowie wissenschaftliche Expertise zu erhalten."

Die Netzwerke aus Wissenschaft und Forschung des ruhrvalley sind ideal, um Technologien für die Städte der Zukunft zu erschließen sowie wissenschaftliche Expertise zu erhalten.
Pierre Golz, Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Herne

Wie sind die Bürger*innen eingebunden?

Das Projektteam hat pandemiebedingt vor allem die Kooperation mit den städtischen Institutionen vorangebracht. Für die Hauptstudie sind weitere Kollaborationslabore geplant, an denen auch interessierte Bürger*innen teilnehmen können. "Viele denkbare Smart-City-Anwendungen funktionieren nur, wenn die Bewohner*innen mitmachen, indem sie zum Beispiel eine App herunterladen und auch benutzen", betont Neuwirth. "Da ist es natürlich sinnvoll, nachzufragen, welche Dienste sie eigentlich brauchen."

Wie ist der Stand des Projekts?

In der fast abgeschlossenen Zwischenstudie wurde das Forschungslabor initial aufgebaut, in dem verschiedene Smart-City-Akteur*innen kooperieren sollen. Dort nutzen Forscher*innen bereits eine Vielzahl vernetzter Sensoren und Geräte als Datenlieferanten. In Zukunft sollen weitere Quellen erschlossen werden. In der ab Sommer 2022 geplanten Hauptstudie und bis Ende 2024 soll das Smart-City-Forschungslabor so weit ausgebaut werden, dass die Beteiligten konkrete Prototypen realisieren können. In diesen Prozess mit einbezogen werden vor allem städtische Partner*innen zum Beispiel aus der Verwaltung bzw. öffentlichem Sektor und der Wirtschaft.

Wer ist beteiligt?

Neben dem Projektteam an der Hochschule Bochum ist vor allem die Stadt Herne mit ihrer Stabsstelle Digitalisierung sowie auch mit der Abteilung für Geodaten-Management eingebunden. Auch die Stadtwerke Herne und die Straßenbahn Herne - Castrop-Rauxel GmbH (HCR) beteiligen sich an dem Projekt, neben der Wirtschaftsfördergesellschaft Herne mbH. Im Rahmen der Hauptstudie wird zudem der Herner Wärmepumpen-Hersteller Waterkotte GmbH einen aktiven Part haben. "Wir haben die Wirtschaftsförderung Herne als einen zentralen Player mit im Boot", sagt Neuwirth. "Sie kann die Kontakte zu Unternehmen und Start-ups herstellen, wenn später aus konkreten Anwendungsbeispielen Geschäftsmodelle entwickelt werden sollen."

Titel-Foto: Hochschule Bochum, Paul Ihnen

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