Sylvia Pratzler-Wanczura

Es sind die Menschen, die aus der Metropole Ruhr gemacht haben, was sie heute ist. Und es sind auch die Menschen, die das Ruhrgebiet von morgen gestalten. Ein Kopf der Transformation: Sylvia Pratzler-Wanczura.

Wo andere zurückweichen oder das Weite suchen, stürzt sich Sylvia Pratzler-Wanczura hinein: in Katastrophen. Die 45-jährige Wissenschaftliche Leiterin und stellvertretende Leiterin am Institut für Feuerwehr- und Rettungstechnologie der Feuerwehr Dortmund hat sich schon während ihres Studiums der Raumplanung mit dem Thema beschäftigt – nicht zuletzt ausgelöst durch das Oderhochwasser 1997, von dem sie selbst betroffen war. Auch die Ereignisse der letzten Jahre – seien es Natur- oder Industriekatastrophen – haben ihr eine große Bandbreite an Fähigkeitslücken aufgezeigt, die ihrer Meinung nach durch Forschungsansätze teilweise geschlossen werden könnten.

Die Wahl-Bochumerin ist sich bewusst, dass die Gefahren und Katastrophen immer komplexer und die Situationen immer dynamischer werden. Deshalb hat sie sich der Sache verschrieben, anwender*innen-orientiert und nah an den Feuerwehren für das Wohl der Bürger*innen zu forschen.

Wie sie die Transformation in der Metropole Ruhr in ihrem Beruf mitgestaltet, hat uns Sylvia Pratzler-Wanczura in einem Fragebogen verraten.

Meine Berufsbezeichnung lautet Wissenschaftliche Leiterin und stellvertretende Leiterin am Institut für Feuerwehr- und Rettungstechnologie der Feuerwehr Dortmund.

Ich beschäftige mich dabei mit anwender*innenorientierter Sicherheitsforschung in allen Bereichen des Aktionsradius der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr. Die betrifft die Feuerwehren, den Katastrophenschutz sowie den Rettungsdienst.

Das breite Themenfeld umfasst sowohl konzeptionelle Ansätze wie die Optimierung von Prozessen oder die Integration Künstlicher Intelligenz. Zum anderen geht es um technische Lösungen wie zum Beispiel luft- und bodengebundene Rettungsroboter oder Dekontaminationsverfahren bei biologischen Gefahrenlagen. Damit verbunden ist die Anforderung, Ansätze, die es zum Teil bereits in anderen Forschungs- oder Wirtschaftsbereichen gibt, an die Bedingungen der Feuerwehr anzupassen. Dies ist eine Herausforderung, da die Einsatzkräfte mit hohen Temperaturen, menschenfeindlicher Umgebung oder instabilen Strukturen konfrontiert sind. Das heißt, die zu entwickelnden Lösungen müssen robust, zuverlässig und schnell sein – eben feuerwehrtauglich!

Am spannendsten an meiner Forschung finde ich den Anwender*innen-Bezug, welcher der Forschung ihren Sinn gibt. Häufig wird am Bedarf vorbei geforscht. Das heißt: Die Forschenden stellen die eigentlichen Anwender*innen und ihre Bedürfnisse nicht in den Fokus. Das Ergebnis sind häufig Theorien, die zwar unter Laborbedingungen funktionieren, aber "auf der Straße" keine Anwendung finden. Sie sind somit für den Bereich der BOS nicht oder nur bedingt nutzbar und in den Anwender*innen-Kreisen nicht akzeptiert. Die anwender*innen-orientierte Forschung, insbesondere bei der Feuerwehr, ist sehr gradlinig. Der Bedarf ist klar formuliert – schließlich steht der Schutz und die Sicherheit der Bevölkerung im Fokus unserer Forschung. Und genau diese Punkte sind die obersten Ziele bei allem, was wir tun und woran wir forschen.

Transformation bedeutet für mich, einen innovativen Wandel mit Visionen voranzutreiben, ohne dabei die Basis und den Kontakt zum Ursprung zu vernachlässigen. Hier wird die Geschichte zum Inkubator für neue und intelligente Lösungen, die grenz- und akteur*innen-übergreifend ihre Wirkung entfalten – aus Dortmund, für Dortmund und über Dortmund hinaus.

Ich gestalte die Transformation (im Ruhrgebiet) mit meiner Forschung mit, indem ich mit meinem Team durch innovative und zielgerichtete Ansätze einen Beitrag zum Schutz und zur Sicherheit der Bevölkerung leiste. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Gefahren für die Bevölkerung auch die Einsatzkräfte betreffen. Daher hat insbesondere die Forschung und Entwicklung zum Schutz der Einsatzkräfte höchste Priorität. Nur so können wir sicherstellen, dass wir im Gefahrenfall für die Bevölkerung zur Verfügung stehen.

Ohne die Forschung an meinem Institut wäre es immer schwieriger, die neuen und immer komplexer werdenden Herausforderungen in den Einsätzen der BOS zu bewältigen. Gerade das, was insbesondere die Feuerwehr ausmacht, könnte ohne Forschung und innovative Ansätze nicht gewährleistet werden.

Die Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Instituten im Ruhrgebiet stellt für mich das A und O meiner Arbeit dar. Das Ruhrgebiet hat eine extrem große Vielfalt, aber auch Dichte an Expertise und Know-how, die ein immenses Potenzial für die zukünftige Entwicklung und weitere Transformation darstellt: think locally, act globally!

Wo einst der Dreiklang aus Stahl, Kohle und Bier herrschte, baut die Forschung auf den daraus entstandenen Grundwerten auf und setzt auf innovative Ansätze, die sich mit anderen internationalen Metropolen ohne Weiteres messen können.
Sylvia Pratzler-Wanczura, Wissenschaftliche Leiterin und stellvertretende Leiterin am Institut für Feuerwehr- und Rettungstechnologie der Feuerwehr Dortmund

Das Ruhrgebiet ist für mich mein Zuhause und Sinnbild innovativer Bodenständigkeit. Wo einst der Dreiklang aus Stahl, Kohle und Bier herrschte, baut die Forschung auf den daraus entstandenen Grundwerten auf und setzt auf innovative Ansätze, die sich mit anderen internationalen Metropolen ohne Weiteres messen können. Hier passt die Metapher: wie Phönix aus der Asche...

Bilder: Pressestelle Feuerwehr Dortmund

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