Neue Materialien für die Produktion von Wasserstoff

MAT4HY.NRW bringt Forschung und Industrie zusammen, um Materialien für die massenhafte Produktion von Wasserstoff zu entwickeln.

Wasserstoff gilt als der Hoffnungsträger der Energiewende. Doch Wasserstoff per Elektrolyse herzustellen, ist teuer. Der Grund dafür: seltene Edelmetalle, die dafür verwendet werden. Sie werden bislang wegen ihrer besonderen Eigenschaften wie einer hohen Leitfähigkeit oder Korrosionsbeständigkeit als Katalysatoren eingesetzt. Andere Materialien halten den Bedingungen bei der Elektrolyse nicht stand. Um den begehrten Energieträger in großen Mengen zu produzieren, sind alternative Stoffe gefragt. Wissen und Erfahrung, um solche Materialien zu entwickeln, sind in der Metropole Ruhr geballt vorhanden. Die Kooperationsplattform "Materials for Future Hydrogen Technologies" (MAT4HY.NRW) vereint Forschungsinstitute und Industriepartner*innen, um die vorhandene Expertise zu bündeln und die kostengünstige Wasserstoffproduktion voranzubringen.

"Ziel von MAT4HY.NRW ist es, Materialien zu entwickeln, die mindestens genauso gut sind wie die teuren Edelmetalle", sagt Doris Segets, Professorin am Lehrstuhl für Partikeltechnik an der Universität Duisburg-Essen (UDE). Ein ambitioniertes Ziel, das einen bahnbrechenden Fortschritt in der Wissenschaft bedeuten könnte. Segets Arbeitsgruppe produziert unter anderem Elektroden für die Elektrolyse von Wasserstoff. Die Elektroden halten die chemische Reaktion bei der Elektrolyse aufrecht und ermöglichen den Stromfluss. "Elektroden herzustellen ist wie Kuchen backen: Wir erhalten von anderen Arbeitsgruppen ein Pulver, vergleichbar mit Zucker und Mehl. Daraus machen wir einen Teig, rollen ihn aus und trocknen diese Schicht. Diese Schicht wird dann mit weiteren Schichten verpresst und fertig ist die Elektrode", erklärt Segets.

Ein Potentiostat ist ein in der Elektrochemie eingesetztes elektrisches Messgerät. Mit dem Gerät wird die Spannung einer Elektrode auf einen gewünschten Wert geregelt.
Die Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsanlage im Pilotmaßstab erprobt den Transfer von Elektroden vom Labor in die Anwendung.
Die Glove Box (dt. "Handschuhkasten") ist ein Behälter, der hermetisch und gasdicht abgeschlossen ist. Mit ihm kann unter Ausschluss von Wasser und Sauerstoff gearbeitet werden.
Der Porosimeter analysiert die Porenstruktur eines Materials. Er untersucht zum Beispiel, wie der Hohlraum in der Schicht verteilt ist.

Enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie

Die Kooperationsplattform ist jedoch nicht an einen Forschungsstandort gebunden. Neben der UDE sind weitere Hochschulen und Institute beteiligt, darunter die Ruhr-Universität Bochum (RUB), die Westfälische Hochschule, das Zentrum für BrennstoffzellenTechnik und das Institut für Umwelt und Energie, Technik und Analytik. Die Koordination liegt bei Ulf-Peter Apfel, Professor für Anorganische Chemie an der RUB. "Mit MAT4HY.NRW wollen wir erstmals die gesamte Wertschöpfungskette der Wasserelektrolyse abdecken und vernetzen", sagt er. Das reicht von theoretischen Berechnungen über geeignete Materialkombinationen bis hin zur Serienreife neuer Werkstoffe und Technologien.

Auch Industriepartner*innen sind Teil des Projekts. Denn geeignete Materialien für die Wasserelektrolyse zu finden, ist herausfordernd. "Das Material muss nicht nur im Labor funktionieren, sondern auch in der Industrie", erklärt UDE-Professorin Segets. Nachdem die Forschenden die Stoffe im Labor entwickelt haben, testen sie die Mitarbeitenden der Unternehmen direkt in ihrer funktionalen Umgebung. So werden mögliche Probleme in der Industrie von Anfang an berücksichtigt.

Die Hochschulen und Industriepartner*innen arbeiten bereits seit vielen Jahren gemeinsam an Wasserstoffprojekten. MAT4HY.NRW soll nun die bisherige Koordinationslücke schließen. Bis zum Ende des Jahres wollen die Initiator*innen das seit April 2023 vom Land NRW geförderte Projekt vollständig aufsetzen. Klar ist: Die Zusammenarbeit soll so eng wie möglich sein. "Der technologische Teil der Energiewende lässt sich mit Siloforschung nicht lösen", sagt Segets.

Perspektivisch wollen die Initiator*innen von MAT4HY.NRW insbesondere Roundtables, aber auch Lehrveranstaltungen und Weiterbildungen zu allen Aspekten der Wasserstoffproduktion ermöglichen. Auch Schulen sollen eingebunden werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und junge Menschen für die Elektrochemie zu begeistern.

Das Ruhrgebiet hat viele Standortvorteile

Die kurzen Wege und der enge Austausch zwischen den Hochschulen, Instituten und Unternehmen im Ruhrgebiet kommen dem Projekt besonders zugute. "Es ist möglich, morgens an der UDE eine Elektrode herzustellen und sie bereits mittags in Bochum in eine Zelle einzubauen", erklärt Segets. "Außerdem wurde im Ruhrgebiet schon an Wasserstoff geforscht, als der Energieträger politisch noch gar kein Thema war." Neben der fachlichen Kompetenz spiele auch die Mentalität der Region eine wichtige Rolle: "Die Art der Zusammenarbeit, losgelöst von Proporzdenken oder Eitelkeiten, ist einzigartig", resümiert sie. "Dass alle ganz pragmatisch an einem Strang ziehen, ist für mich ein klares Merkmal des Ruhrgebiets."

Bilder: Adil Amin

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